Kirchenbau und sorbische gottesdienstliche Praxis

Im spätmittelalterlichen Lübben existierte neben der Pfarrkirche St. Nikolaus ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert auch ein Wilhelmiterkloster, wenn auch kein getrenntes sorbisches Gotteshaus. Dennoch fanden sorbische Predigten und Seelsorge statt. So berichtete der Lübbener Rat 1546 an den Landvogt, dass „man doch von alters her, so ungewitter eingefallen, auch in winter zeit in der schulen, do zimlicher raum, geprediget. So aber in der schulen nicht raum were, solte uf erfordern des wendischen predigers das radshaus geoffent, doselbst zu predigen etc.“(Nr. 4) Bereits 1546 existierten in Lübben Pläne zum Bau eines gesonderten Gotteshauses für die Sorben. Initiator dessen war vermutlich der Landvogt Albrecht Graf von Schlick (Nr. 4). Allerdings wehrte sich der Rat aufgrund der hohen Baukosten gegen diesen Plan, sodass die erste sorbische Kirche in Lübben wohl erst 1572 gebaut wurde.1Vgl. Neitmann/Schröder/Weirauch, Zierde, S. 197 Dieses neu errichtete sorbische Gotteshaus diente allerdings nur als Predigtkirche. Abendmahl, Taufen sowie die Segnung der Wöchnerinnen fanden nach wie vor in der deutschen Kirche statt. Diese Trennung von Predigt und anderen geistlichen Handlungen verursachte „viele unordnung und gedränge“. Unter anderem blieben Teile der sorbischen Gemeinde beim Übergang zum Abendmahl „entweder aufm marckt stehen […] oder [wenden] sich in die bierhäuser, so daß diese schon voll sind, ehe der gottesdienst in der deutschen kirche aus ist“ (Nr. 30).