Die Berufung der sorbischen Diakone (Kapläne) und Küster

Seit dem ausgehenden Mittelalter waren in Lübben neben dem Stadtpfarrer, der zugleich Offizial war, zwei Kapläne1 Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts wurden die Hilfsgeistlichen des Stadtpfarrers als Kapläne oder Prediger bezeichnet. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kam zunehmend die Bezeichnung Diakon auf, wobei der Diakon zugleich Prediger an der sorbischen Kirche war. Hier und im Folgenden wird für das 16. Jahrhundert der Begriff (sorbischer/deutscher) Kaplan verwendet, danach (sorbischer) Diakon. – ein deutscher und ein sorbischer – tätig. Vor der Reformation waren die beiden quasi Angestellte des Pfarrers bzw. Offizials. Er war nicht nur für die Besoldung, sondern auch für die Vokation und Anstellung der Kapläne zuständig. Dieses Recht wurde ab der Mitte des 16. Jahrhunderts vom Lübbener Rat beansprucht. 1549 war der Lübbener Rat an der Berufung des deutschen Kaplans Abel Schaub beteiligt, wobei hier noch betont wurde, dass es sich um eine „neuerung“ handelte, „do doch zuvor und allewege die pfarhern hie zu Lubben die capplanen ane zuthun des radts auch ihres gefallens auff und angenohmen“ (Nr. 6). Auch 1551 äußerte der Lübbener Rat, er sei nicht befugt „dyselben beyde dienere, den deudtzschen und wendischen prediger, anzunehmen oder zu urlauben“ (Nr. 8). Dagegen behauptete er 1560 gegenüber dem Offizial Joachim Hosemann-Cnemiander, dass ihm, dem Rat, das Vokationsrecht über die beiden Kapläne zustehe.2Neumann, Abschnitt S. 155 1586 richtete Valentinus Bencker, Pfarrherr in Schlepzig, eine Bewerbung um das sorbische Kaplanat in Lübben an den Lübbener Rat, und bat um „ordentliche […] vocation“ (Nr. 19). Nach Errichtung des Niederlausitzischen Konsistoriums 1668 verblieb das Vokationsrecht über die beiden Kapläne beim Lübbener Rat, was entsprechende Akten belegen. Aus diesen lässt sich der Verlauf der Berufungsverfahren im 17. und 18. Jahrhundert folgendermaßen rekonstruieren: Bei eingetretener Vakanz wurden zunächst mehrere Kandidaten, die sich meistens schriftlich beworben hatten, zur Gastpredigt eingeladen (Vgl. u. a. Nr. 25, Nr. 39). Danach erfolgte die Abstimmung über die Kandidaten im Ratskollegium (Vgl. Nr. 32). Bereits im Zusammenhang mit den Gastpredigten und der Ernennung des Kandidaten konnte es zu Äußerungen der Gemeinde bezüglich der Eignung eines Kandidaten kommen (Vgl. Nr. 32). Bei regulärem Verlauf wurde der entsprechende Kandidat nach der Wahl dem Konsistorium vorgestellt und, sofern keine Bedenken vorlagen, zur Probepredigt eingeladen (Vgl. Nr. 40, Nr. 42). Anlässlich der Probepredigt wurde die Gemeinde zu ihrer Meiung über Leben und Wandel, gegebenenfalls auch die Sprache, des Kandidaten befragt. Wurden keine Einwände vorgebracht oder waren diese ausgeräumt, konnte der Kandidat dem Konsistorium präsentiert werden (Nr. 44, Nr. 46, Nr. 50), woraufhin die Vokation durch den Rat (Nr. 22, Nr. 45) mit anschließender Konfirmation des Kandidaten durch das Konsistorium erfolgte.

Das Patronatsrecht über die Küster an der sorbischen Kirche in Lübben oblag dem Konsistorium der Niederlausitz. Bei Vakanz bewarben sich Interessenten zunächst schriftlich beim Konsistorium, später wohl auch beim Superintendenten (Nr. 23, Nr. 47). Die Auswahl des entsprechenden Kandidaten erfolgte durch den Superintendenten und den sorbischen Diakon, gegebenenfalls nach Prüfung des/der Kandidaten (Nr. 47). Die Gemeinde bekam die Möglichkeit, sich anlässlich des Vorsingens der Kandidaten ein Bild zu machen und gegebenenfalls Einspruch zu erheben (Nr. 24, Nr. 47). Erfolgte kein Einspruch, präsentierte der Superintendent den Kandidaten dem Konsistorium, das diesen schließlich vozierte und konfirmierte.3Vgl. z. B. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep 40C, Nr. 883, fol. 1r–3r; ebd., fol. 245r–246r; ebd., fol. 246r–247r.